Es gibt neue, vielversprechende Ansätze im Kampf gegen Leberkrebs und Darmkrebs. Krebszelle (Illustration)

Weltkrebstag

Neue Ansätze bei Darmkrebs und Lebertumoren

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Ulrike Till
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Lilly Zerbst

Am besten ist es, wenn Krebs gar nicht entsteht: In Heidelberg und Tübingen tüfteln Forschende an zwei spannenden neuen Projekten zur Prävention von Darmkrebs und Lebertumoren.

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E. coli-Bakterien könnten Darmkrebs auslösen

Bei Magenkrebs oder Tumoren am Gebärmutterhals sind krebsauslösende Erreger bekannt und lassen sich gezielt bekämpfen. Jetzt ist ein Forschungsteam am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ) Bakterien auf der Spur, die vermutlich eine wichtige Rolle bei Darmkrebs spielen.

Es geht um einen bestimmten Stamm von E. coli-Bakterien. Dieser Stamm ist "genotoxisch". Er kann das Erbgut von Zellen schädigen, indem die Bakterien das Gift Colibactin produzieren. Dieser Stoff kann gesunde Zellen entarten lassen.

Die tumorfördernde Wirkung der Bakterien konnte Dr. Jens Puschhof an sogenannten Organoiden zeigen:

Das sind Gewebestücke von Patienten, die im Labor vermehrt werden können und an denen wir wunderbar studieren können, wie sich das Erbgut einer Zelle verändert, wenn so ein Bakterium darauf einwirkt.

Möglicherweise können bestimmte E. coli-Bakterien auch Darmkrebs auslösen. Das ist einer der neuen Ansätze in der Krebsforschung. (Illustration)
Möglicherweise können bestimmte E. coli-Bakterien auch Darmkrebs auslösen.

Bei einem von acht Patienten mit Darmkrebs lassen sich diese bösartigen E. coli-Bakterien nachweisen. Allerdings finden sich die Erreger auch häufiger bei gesunden Menschen und lösen keineswegs automatisch Darmkrebs aus. Und auch andere Bakterien könnten das Krebsrisiko erhöhen. Noch steht die Forschung also ganz am Anfang:

Jetzt sehen wir, dass bestimmte Bakterien ganz spezielle Mutationen hervorrufen können. Die wichtigen Fragen, die wir jetzt erst beantworten müssen, sind: Wann findet das statt, und unter welchen Umständen findet das statt.

Neue Ansätze zur Prävention von Darmkrebs

Wenn die Auslöser besser verstanden sind, könnte ganz spezifisch dort eingegriffen werden und versucht werden, zu verhindern, dass die Bakterien das Erbgut schädigen und damit Krebs verursachen, so Puschhof. Dafür hat er auch schon einen konkreten Ansatz, nämlich die Produktion der Giftstoffe - des Colibactins - zu verhindern. Man könne aber auch versuchen, die Bakterien über andere Wege aus dem Darm zu entfernen, zum Beispiel mit speziellen Antibiotika oder anderen Bakterienstämmen.

Neue Ansätze bei der Prävention von Darmkrebs: Mit speziellen Antibiotika oder anderen Baterienstämmen können schädliche E. Coli-Bakterien möglicherweise bekämpft werden.
Mit speziellen Antibiotika oder anderen Baterienstämmen können schädliche E. coli-Bakterien möglicherweise bekämpft werden.

Neuer Ansatz: Fasten zur Vorbeugung von Leberkrebs

Auch beim Leberkrebs zeichnen sich neue Ansätze der Vorbeugung ab. Im Mittelpunkt steht dabei die Fettleber: Sie tritt bei Alkoholikern auf, aber häufig auch bei Menschen, die nur mäßig oder gar nicht trinken. Bei ihnen verfettet die Leber durch zu viel Zucker und Fett im Essen. In Deutschland sind rund 20 Millionen Menschen betroffen.

Das Risiko für Leberkrebs steigt durch eine Fettleber deutlich an. In Versuchen mit Mäusen zeigt sich aber auch ein möglicher Ausweg: Zwei Tage Fasten pro Woche hielten die Versuchstiere gesund, sagt Prof. Mathias Heikenwälder. Er erforscht an der Uni Tübingen und am DKFZ in Heidelberg das Zusammenspiel von Entzündungen und Krebs:

Es hat sich gezeigt, dass ein Fasten von ein oder zweimal die Woche für 24 Stunden das Rezept war, das am besten funktioniert hat, um die Fettleber zu reduzieren und auch die Inzidenz von Leberkrebs.

Fasten kann dabei helfen, eine Fettleber zu entlasten. Das verringert auch das Risiko von Lebertumoren. Forschende suchen neue Ansätze zur Krebs-Prävention.
Fasten kann dabei helfen, eine Fettleber zu entlasten. Das verringert auch das Risiko von Lebertumoren.

Geringeres Krebsrisiko durch veränderten Stoffwechsel?

Die Tiere nahmen insgesamt genauso viele Kalorien zu sich wie die Vergleichsmäuse, die täglich Futter bekamen. Und sie wurden weiter ungesund, also sehr fett- und zuckerreich ernährt. Warum also waren die zwei Fastentage pro Woche so positiv?

Die Forschenden haben sich während der Fastenzeit die Moleküle angeschaut, die in der Leber verändert werden. Sie konnten zeigen, dass es mindestens zwei Moleküle gibt, die diesen Effekt des Fastens ausführen. Haben sie die Moleküle weggenommen, so war der positive Effekt des Fastens nicht mehr gegeben.

Erstmals haben Mathias Heikenwälder und sein Team damit die molekularen Grundlagen längeren Fastens entschlüsselt. So lässt sich auch erklären, warum regelmäßig zwei Tage Nulldiät den Stoffwechsel der übergewichtigen Labormäuse verändert haben: Das Fasten ermöglicht es dem Stoffwechsel, sich zu erholen, so Heikenwälder. Nach etwa zwölf Stunden schalten sich die Stoffwechselprogramme wieder an, die durch Entzündung und andere Mediatoren gehemmt waren.

Neue Ansätze zur Prävention von Krebs: Regelmäßiges Fasten scheint einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung von Lebertumoren zu leisten.
Regelmäßiges Fasten scheint einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung von Lebertumoren zu leisten.

Leberkrebs-Prävention durch Fasten wird an Menschen getestet

Nun sollen klinische Testreihen mit Patientinnen und Patienten zeigen, ob der Ansatz auch beim Menschen funktioniert.

Gleichzeitig laufen Versuche mit einem Antikörper, der die positiven Effekte des Fastenprogramms nachahmen soll. Ob dieser Wirkstoff tatsächlich irgendwann als Pille gegen Fettleber und Leberkrebs auf den Markt kommt, ist aber noch völlig offen.

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