Etwa 65.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland laut Uniklinik Tübingen an plötzlichem Herztod. Menschen mit erhöhtem Risiko dafür wurde bislang ein Defibrillator unter dem Schlüsselbein eingesetzt. Von dem aus führt eine drahtförmige Elektrode über eine Vene bis ins Herzinnere und wird dort platziert. Diese transvenös implantierten Defibrillatoren hätten aber einige Nachteile, so die Uniklinik. Nun hat sie erstmals vier Patienten ein neues Defibrillatoren-System eingesetzt, das als sicherer gilt. Laut Klinik als erste in Süddeutschland.
Nachteile durch Implantation in Vene und Herz
Bei lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen geben die bisherigen Defibrillatoren Stimulationsimpulse oder einen Elektroschock ab, um das Herz wieder in seinen normalen Rhythmus zu bringen. Durch diese Defibrillatoren kann es laut Klinikmitteilung zu Gefäßverschlüssen oder Beeinträchtigungen der Herzklappen kommen. Außerdem könne die Elektrode brechen, im Gewebe verwachsen oder zu Infektionen führen. Für Menschen, für die eine OP riskant ist, die anfällig für Infektionen sind oder undichte Herzklappen haben, seien die neuen, extravaskulären Defibrillatoren eine wichtige Alternative.
Mehr Funktionen, weniger Risiken
Die neuartigen Defibrillatoren werden unter dem Brustbein eingesetzt und liegen auf dem Herzen. Eine Implantation von Elektroden in Venen und ins Herz ist damit nicht mehr nötig. Das neue Gerät könne außerdem Herzrhythmusstörungen besser erkennen und darauf reagieren, teilte die Klinik mit - zunächst mit dem Senden kleiner elektrischer Signale. Reicht das nicht aus, um die Herzfrequenz zu korrigieren, stelle der Defibrillator den normalen Herzrhythmus wieder her. Darüber hinaus habe das neue System eine Stimulationsfunktion für den Fall, dass der Herzschlag aussetzt - ähnlich wie bei einem Herzschrittmacher.
Eingriff bei den ersten Patienten gut gelaufen
Noch sei es für Chirurgen einfacher, die etablierten Technologien einzusetzen, so Karin Müller, Oberärztin und Kardiologin an der Uniklinik. Doch sobald man mehr Erfahrung mit dem neuen Defibrillator gesammelt habe, werde auch der Eingriff leichter sein. Dieser könne in 45 bis 60 Minuten durchgeführt werden. Bei den ersten vier Patienten sei die Implantation des neuen Defibrillators sehr gut verlaufen, erzählt Karin Müller. Sie konnten schon am Folgetag entlassen werden.
Herkömmliche Technologie bleibt im Einsatz
Die herkömmlichen Technologien werden dennoch im Einsatz bleiben, meint Müller. Auch von ihnen hätten einige eine Schrittmacher-Funktion und dabei eine langlebigere Batterie mit einer Dauer von bis zu 15 Jahren. Bei den neuen Defibrillatoren reiche die Batterie bei seltenem Einsatz der Schrittmacher-Funktion zwölf Jahre.